Start-ups: Spiel das unendliche Spiel

Im ziemlich genialen Film “Jerry Maguire – Spiel des Lebens” verändert ein Sportmanager über Nacht seine Haltung: Ihn kotzt die Unehrlichkeit und Unmenschlichkeit seines Business an. Nachdem er seine Meinung öffentlich kundgetan hat und gefeuert wird, macht er sich selbstständig und will seine Vision verwirklichen: Er will den Athleten anders begegnen, als es die Sportindustrie tut (2017 hat die NFL übrigens einen Umsatz von rund 8.2 Milliarden Dollar gemacht) Doch Jerry gibt nicht auf und nimmt aus seiner alten Firma einen etwas schwächelnden Athleten – Rod Tidwell – mit, der ebenfalls nur ans Geld denkt, wie diese köstliche Szene zeigt:

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Was tut man als Gründer nicht alles, um voranzukommen – also verspricht Jerry Rod das große Geld. Der Film zeigt dann, wie es Jerry gelingt, tatsächlich sein Ideal zu leben, weil er von den Umständen dazu gezwungen wird. Seine Beziehungen lassen ihn das Neue, zunächst nur Erdachte, also das rational Richtige, auch emotional begreifen.

Geld oder Ideal?

Wer eine Firma gründet, der gründet sie in der Regel auch wegen der Idee, an die er oder sie glaubt. Die Gründerin will etwas bewegen. Ich spreche hier nicht von den Ausnahmen, den Profi-Gründern. Sondern ich spreche von den Gründern, die mit ihrem Unternehmen tatsächlich etwas verändern wollen, den Jerry Maguires der Gründerszene. Übrigens nehme ich diesen inneren Antrieb bei vielen Start-up-Pitches viel zu selten wahr.

Doch wie gelingt die Balance? Das Ideal alleine macht nicht satt. Auch Jerry braucht vom Start weg ein Produkt, also zumindest einen Athleten, der etwas Geld einbringt. Warum: Ein Unternehmen muss Geld verdienen, um als Organisation eigenständig am Leben zu bleiben. Wer die Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, für den gilt: Game Over.

Simon Sinek gibt im genialen Talk „The Finite and Infinite Games of Leadership“ einen Hinweis, wie sich beides vereinen lässt. Hier macht er deutlich, dass es Unternehmen nicht darum gehen sollte, ein Spiel zu gewinnen, sondern im Spiel zu bleiben. Es sei im Grunde völlig unerheblich, ob man zu irgendeinem Zeitpunkt die Nr. 1 ist. Es gehe nur darum, im Spiel zu bleiben. Also der langfristige Horizont ist angesagt.

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Nicht die schnelle Million, sondern die bleibende ist die wichtige

Anders ausgedrückt: Es geht nicht darum, in kurzer Zeit Milliardär zu werden, sondern dafür zu sorgen, dass man sehr lange von seinem Unternehmen leben kann. Was kann dann entstehen?

Dafür gibt es tolle Beispiele. Ich sitze gerade im Hotel Retter in der Steiermark, Österreichs bestem Seminarhotel. Die Familie Retter vermarktet nicht einfach nur einen Beherbergungsbetrieb. Das Retter ist eines der besten Biohotels: Neben der Verwendung vieler Produkte aus eigenem Anbau oder von anderen Bauern aus der Region achten die Retters auch auf umweltfreundliche Energienutzung und den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. Mitarbeiter, die ich frage, wie sie es hier finden, sind immer begeistert.

Warum gelingt ihnen das? Ich vermute, weil sie an das glauben, was sie tun. Sie vermitteln ihr „Why“ durch ihr Produkt.

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Ich kenne die Finanzen der Retters nicht, doch es sieht nicht so aus, als ginge es dem Hotel schlecht. Es ist ständig ausgebucht! Und die Preise sind hoch – nicht im Luxussegment, aber hoch. Und sie investieren am laufenden Meter.

Folglich müssen beide Dinge zusammenwirken: Es braucht erstens einen starken Grund für das Gründen eines Unternehmens, und es braucht zweitens ein Geschäftsmodell, das dazu befähigt, das Infinite Game zu spielen.

Das unendliche Spiel ist nur durch Innovation möglich

Wer sich ein wenig mit Ökonomie auseinandersetzt, dem fällt auf, dass es kein unendlich lange funktionierendes Geschäftsmodell geben kann, weil die Gesetze des Marktes wirken – Angebot und Nachfrage. Jedes Produkt wird irgendwann zur “Commodity”. Aus der fallendenden Preiskurve auszusteigen gelingt nur, wenn sich das Business ständig weiterentwickelt. Der Motor heißt Innovation. Wer sich auf das Infinite Game einlassen will, muss sich darüber im Klaren sein, dass sein Business irgendwann anders aussehen wird als zum Zeitpunkt der Gründung. Das ist bei mir mit borisgloger consulting nicht anders. Wir haben mit Trainings begonnen, dann wurde daraus Scrum Consulting und heute begleiten wir Kunden durch agile Transformationen und bei Management- und Führungsthemen, die weit über das hinausgehen, was in agilen Handbüchern steht.

Also bleibt eine erfolgreiche Firma nie das, was sie mal war. Verrückterweise ist das häufig nicht einmal den Vorständen klar und den meisten Mitarbeitern schon gar nicht. Man macht es sich auf dem Bestehenden gemütlich. Kurz darauf beginnt der Teufelskreis: Die Umsätze bleiben aus, das Unternehmen beginnt zu sparen, also bleiben die Investitionen in die Zukunft aus. Die Mitarbeiter blockieren und wollen ihre Arbeitsplätze sichern, statt das Neue zu wagen, und der Abstieg geht weiter und weiter. Dabei wäre der tiefe Fall zu bremsen: Statt in der Stagnation zu verharren und ängstlich auf die Ergebnisse zu schauen, müsste der mutige Schritt nach vorne erfolgen. Wie Studien zeigen, stünden Unternehmen nach drei Jahren besser da, wenn sie ihre F&E-Ausgaben nicht reduziert hätten.

Unternehmen, die ständig das Neue wagen, finden am Ende auch den Weg zum Geld.

 

Foto: CC0 Creative Commons – pixabay, 463259