Da saß ich also bei der Abendgala des PM Forums 2019, während die Gesellschaft für Projektmanagement ihr 40-jähriges Bestehen feierte. Dazu ganz herzliche Gratulation von mir auf diese Weise. Ich überlegte, ob wir als Agile Community in Deutschland so eine Gesellschaft nicht auch brauchen. Brauchen wir nicht genau so einen Verein, eine Organisation, die in den nächsten 40 Jahren das Thema Agilität voranbringt? Zumindest nach meinem Dafürhalten ist Agilität immerhin das Management-System des 21. Jahrhunderts.
Damit später einmal die alten Hasen die jungen Hüpfer anleiten können, sollte diese Gesellschaft klar vertreten, wofür wir stehen. Dafür, dass Organisationen zu lebenswerten Oasen werden, in denen die Mitarbeiter zu Kollegen werden und diese Prinzipien tatsächlich erleben:
- Arbeiten in diversifizierten und multidisziplinären Teams;
- User-zentriertes Arbeiten — der Nutzen für den Kunden und nicht die Technologie (aka die eigene Lieblingslösung) steht im Vordergrund;
- netzwerkbasierte Kooperation von Unternehmen.
Wäre es nicht toll, wenn die vielen Facetten der Agilität nicht strikt in Schulen und Methoden getrennt werden? Statt ständig die Unterschiede zu suchen, werden die Ansätze von einer Gesellschaft für agiles Management integriert und die Gemeinsamkeiten herausgestellt. Dann könnten wir nämlich erkennen, dass
- Design Thinking,
- Scrum,
- Kanban,
- Lean Startup,
- OKR,
- DevOps und
- sämtliche Skalierungsvarianten
sich nur marginal unterscheiden und im Kern gleich sind. In dieser Gesellschaft würde es Spezialisten für alle diese Disziplinen geben, die jedoch sehen, dass auch Open Space und Open Space Agility, Working Out Loud und die in Zukunft sicher noch zahlreichen weiteren Ideen ebenfalls dazugehören. So eine Gesellschaft wäre ein Ort des Austauschs – nicht nur innerhalb der einzelnen Agilitäts-Silos, wie bei klassischen Agile-Konferenzen, sondern übergreifend.
Mir ist völlig klar, dass das eine Utopie ist. Doch brauchen wir nicht diesen Ort, diesen Versuch, uns Agilisten eine Gemeinschaft zu geben? Das würde uns alle befähigen, die Herausforderungen der Zukunft zu meistern. Methodenübergreifend könnten wir den Organisationen des 21. Jahrhunderts ein Management näher bringen, mit dem sie die Herausforderungen meistern können, die sich in den nächsten Jahrzehnten ergeben werden.
Denn für die Organisationen und Unternehmen wird sich vieles grundlegend verändern:
- Sie werden zirkulare Wirtschaftskreisläufe entwickeln müssen.
- Sie werden noch stärker dem Wettbewerb mit Asien ausgesetzt sein (siehe die Belt and Road Initiative Chinas).
- Sie werden Talente weltweit suchen und nach Deutschland bringen müssen.
- Sie werden sich so umbauen müssen, dass sie im digitalen Zeitalter funktionieren.
- Sie werden KI als Faktor der Wertschöpfung nicht nur in ihren Prozesse etablieren müssen. Sie müssen auch einen Weg finden, um die Menschen damit nicht zu überfordern und ihre Angestellten so auszubilden, dass sie neben KI bestehen können.
Und und und …
Ich glaube, dass wir Agile Consultants uns zusammenschließen sollten – über die Scrum Alliance und die Agile Alliance hinaus -, um diese Integrationsleistung bieten zu können.
Was meint ihr? Ich würde gerne darüber mit euch sprechen – vielleicht hat ja jemand von euch Lust mitzumachen und sieht es ähnlich. Schreibt mir eure Meinung.
— Boris
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