Heute gingen weltweit tausende Schüler auf die Straße, damit unsere Generation, die Elterngeneration, endlich etwas gegen den Klimawandel tut. Damit wir endlich erkennen, dass wir in der vielleicht dramatischsten Krise unserer Zivilisation stecken. Vielleicht ist es sogar der Anfang vom Ende unserer Zivilisation? Als ich überlegte, ob ich mich mit meiner Tochter, die jetzt zweieinhalb Jahre alt ist, in Wien auch auf den Heldenplatz stellen würde, wurde mir klar, wie verzwickt die Sache für uns alle ist. Am Montag bin ich nach Dubai geflogen, um einen Vortrag zu halten. Am Donnerstag bin ich zurückgeflogen, habe den nächsten Flug für ein Treffen in Frankfurt nächste Woche und einen Trip nach Frankreich im August gebucht.
Unsere Gesellschaft braucht neue Spielregeln
Bin ich also ein Heuchler, der sich durch den Kauf eines Tesla Model 3 gut fühlen will? Der glaubt, durch diesen Kauf etwas gegen den Klimawandel tun zu können? Klar – ich habe den Tesla gekauft, um weg vom Diesel meines Hilux zu kommen und bei borisgloger werden wir in den nächsten Jahren konsequent auf Nachhaltigkeit setzen. Wir werden unsere Firma durch C02-Kompensation zumindest auf dem Papier klimaneutral stellen. Doch reicht das? Reicht es, dass ich selbst ein wenig tue? Nein! Unsere Gesellschaft braucht neue Spielregeln. Genau wie es Greta Thunberg in ihrem Talk sagt. Wir brauchen einen gesellschaftsweiten Konsens darüber, dass unsere derzeitige Wirtschaft nicht nur das Klima zerstört, sondern unsere Lebensgrundlage und vor allem jene unserer Kinder gefährdet. Wir brauchen den Konsens darüber, dass der Kapitalismus, und hier meine ich den derzeitigen Finanzkapitalismus, uns alle schädigt. Es mag sein, dass es den einen oder anderen in dieser Branche gerade bewegt (siehe “An open letter to Greta Thunberg from a Gen-X investment banker”), doch gerade diese Art des Wirtschaftens, das Setzen auf den freien Markt à la Friedmann ist es, was gerade nicht nur das Klima zerstört, sondern auch unsere Demokratie, wie es Robert Kuttner sorgfältig (und langatmig) in “Can Democracy Survive in Global Capitalism” ausführt (hier ein Video zum Buch). (1)
Ohne klimafreundliche Politik kommen wir nicht weit
Wir brauchen Politiker, die begreifen, dass nur sie die Rahmenbedingungen setzen können. Wir brauchen in Deutschland endlich Politiker, die es angehen. Die nicht ständig die Flüchtlingskrisen als Ablenkung nutzen, sondern die endlich den gordischen Knoten zerschlagen. Die Deutschland und Europa einerseits fit für die Zukunft machen, indem sie massiv in die Infrastruktur unseres Landes investieren (und damit das GDP steigern), die gleichzeitig extrem viel in die Bildung und die Schulen investieren, damit nicht Menschen wie Linda Cliatt Wayman die Schulen, die keine mehr sind, retten müssen. Wir brauchen massive Investitionen in regenerative Energiequellen und den sofortigen Kohleausstieg, ohne die Firmen auch noch auszuzahlen, und und und. Wir brauchen den Konsens darüber, dass wir unsere Kinder schützen müssen, um ihnen eine Zukunft zu bieten, in der sie noch Insekten sehen, in der die Vögel noch fliegen und in der man durch die Wälder streifen kann. Wir brauchen eine Gesellschaft, in der Kinder nicht darauf gedrillt werden zu bestehen, sondern in der wir ihre Impulse nutzen, um unser aller Leben wieder zu bereichern.
Das Märchen von der Macht des Einzelnen
Und ich höre schon die Stimmen: „Der Gloger – jetzt hat er einen Tesla und fliegt durch die Gegend. Selbst tut er nichts, die Politiker sollen es richten.“ Doch wie gesagt, ich suche gerade nach Wegen, und es ist eine Lüge der Industrie und der Mächtigen, die uns ständig erklären, wir seien diejenigen, die etwas tun müssten , wir müssten uns umstellen, wir müssten … Die Food-Industrie sagt: „Bewegt euch mehr, esst weniger!“ Und gleichzeitig füttert sie uns mit Diabetes verusachendem Zucker. Die Erdöl-Industrie sagt, wir brauchen Öl und Flugzeuge, aber wir sollen alle brav C02 kompensieren. Der Einzelhandel sagt„Nehmt keine Plastiktüten!“ und verpackt jede Gurke, jede Tomate und jede Erdbeere in Plastik. Natürlich können wir alle bewusster werden, doch das reicht nicht. Es lenkt nur ab, damit ein paar Milliardäre noch reicher werden. Die EZB hält die Zinsen bei 0 Prozent und kauft Anleihen ohne Ende. Wer bekommt wohl das ganze Geld? Bei uns kommt es nicht an, sondern bei den Superreichen. Wir werden mit ein paar Euro Familienbeihilfe ruhig gestellt, oder die Rente wird gesichert. Doch das stecken wir in Konsum, der wo ankommt? Bei den Mächtigen. Denn das Geld für diese Ausgaben wird durch Steuern lukriert und durch Schulden, die wer bezahlen muss? Unsere Kinder, die ja irgendwann einmal diese Schulden zurückzahlen müssen oder die Steuern aufbringen müssen, für unsere Renten.
Greta hat recht – wir müssen grundlegend etwas ändern.
(1) besprochen in der New York Times