Es war eine kleine, smarte und feine Konferenz: die “Employer Brand Experience” – kurz EB-X – vergangene Woche in Wien. Es waren Referenten von den ÖBB, vom Axel Springer Verlag, innogy und vielen anderen dabei. Eines hat mich besonders fasziniert: Alle Referenten haben unisono gesagt, es sei unbedingt notwendig, zuerst über das “Why” einer Organisation zu erzählen (siehe dazu den tollen Artikel “Digitale Transformation & kulturelle Zugehörigkeit”). Vieles, worüber ich selbst in meinem Buch “Selbstorganisation braucht Führung” geschrieben habe, wurde aufgegriffen, zum Beispiel
- dass die Generation Y andere Ansprüche stellt als die Generationen davor;
- dass Employer Branding nur funktioniert, wenn es in die Kulturarbeit eingebettet ist;
- dass es im Grunde immer darum geht, Menschen Zugehörigkeit zu vermitteln.
Neben dem schönen Vortrag von Jurgen Appelo, der sein neues Buch “Startup, Scaleup, Screwup” vorstellte, hat mir besonders der Beitrag von Kristian Gründling gefallen, dem Regisseur des Films „Die stille Revolution“. Er erzählte viel über die Entstehung des Films, der die Veränderung der Hotelkette Upstalsboom zeigt. Doch diese Rahmengeschichte war für mich nebensächlich. Bedeutsam war für mich sein Bekenntnis, dass er sich vor der Zusammenarbeit mit Bodo Janssen für einen Imagefilm über Upstalsboom in der Werbebranche verloren habe. Er habe gar nicht mehr gewusst, was er da überhaupt mache. Durch die Arbeit an diesem Film hat er sich verändert und betrachtet seitdem das Filmemachen aus einer anderen Perspektive.
Krisen sind Sprungbretter
Ich kann das nachvollziehen, weil es mir ähnlich ergangen ist, als ich vor 15 Jahren begonnen habe, mich mit dem Thema Agilität zu beschäftigen. Das hat definitiv einen anderen Menschen aus mir gemacht. Kristian Gründling betonte, dass es in der Regel – so wie bei ihm und auch bei Bodo Janssen – erst einer einschneidenden Krise bedarf, bevor man sich verändert (das Satir-Change-Modell lässt grüßen ?). Auch das kann ich unterschreiben, denn Veränderungen in meinem eigenen Unternehmen passieren oft dann, wenn sich irgendetwas zuspitzt – wenn es also zu einem Sprung (zu einer Krise) kommt.
Alle Vorträge zeigten dieses Muster: So haben Christina Müller (Managerin Employer Branding) und Sven Rebbert (Change Manager HR) vom Axel Springer Verlag in ihrem Vortrag “Vom verrückten Bewerber zur neuen Organisationsidentität” wunderbar die Reise des Unternehmens in die Digitalisierung beschrieben. In Erinnerung ist mir vor allem die geniale Vision zum Arbeitsplatz der Zukunft geblieben – der Axel Springer Verlag baut bekanntlich gerade ein hochmodernes Gebäude in Berlin. Die beiden erzählten, dass es gar nicht so sehr um dieses Gebäude gehe, das sei nur ein Symbol. Der Neubau sei nur ein Teil des Konzepts “ganz Berlin ist der Campus von Axel Springer”. Jedes Café, jeder Park, jedes Gebäude von Axel Springer in Berlin seien Arbeitsplätze. Unternehmensgrenzen verschwinden und werden fluide. Das beeindruckt mich, denn es zeigt, dass Axel Springer die digitale Umstrukturierung des eigenen Konzerns viel weiter denkt, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Hier wird Digitalisierung als ganzheitliche Veränderung gesehen.
Mein Dank gilt Jürgen Pfeiler von Corporate Culture Consulting, der mich auf diese Konferenz hingewiesen hat. Es war ein tolles Programm. Wir sehen uns 2019 bei der nächsten EB-X in Hamburg.