„Da kommt jemand aus einem mittelständischen Beratungsunternehmen und erklärt mir, wie Führung funktioniert. Und zeigt mir, warum gerade ich dazu beitrage, dass das Team nicht agil arbeiten kann.“
Ssonja Peter
Mein Gast: Ssonja Peter
Ssonja ist eine „Bekehrte“. Nach 25 Jahren im Konzern, 20 davon als Führungskraft, hat das agile Arbeiten sie als Führungskraft mehr begeistert und auch verändert als alle Veränderungsprozesse davor. Ihre Meinung: Modernes Leadership im agilen Umfeld fördert durch Mit- und Vormachen eigenverantwortliches Arbeiten im Team und damit Intrapreneurship maximal. Als einen der wirksamsten Hebel hat sie dabei das kontinuierliche Liefern erlebt: Es erfüllt Teams mit Freude und Stolz, weil gemeinsam mit dem Kunden eine ideale Lösung gefunden wurde. Was muss man dabei als Führungskraft lernen? Tiefes Vertrauen in Mitarbeiter:innen und das „Loslassen“.
Das Bankgeschäft kennt die Betriebswirtin und Bankkauffrau Ssonja Peter dabei bis ins kleinste Detail. Seit 2000 hat sie in verschiedenen Führungspositionen in deutschen Großbanken den fundamentalen Wandel der Branche selbst mitgestaltet. Dazu gehörten auch agile Transformationen im Rahmen von Digitalisierungsinitiativen.
Heute unterstützt sie als Executive Consultant von borisgloger Führungskräfte dabei, sich selbst im Rahmen von Digitalisierungsinitiativen und Sustainable Finance zu „transformieren“.
Das waren drei der wichtigsten Punkte
1. Wissen ist Macht
„Ich wusste genau, wie es richtig wäre. Aber dann hat mein Agile Coach mich zur Seite genommen und gesagt: ‚Das sagst du dem Team nicht, die finden eine bessere Lösung.‘ Dann habe ich alles versucht. Ich lud Teammitglieder zum Kaffee ein oder zum Mittagessen, ging mit ihnen spazieren, um meine Ideen hineinzuintrigieren. Als ich damit aufhörte, fand das Team tatsächlich immer Lösungen, auf die ich selbst nie gekommen wäre“, Ssonja hatte das Glück, Helene Valadon als Agile Coach an der Seite zu haben. Helene kennt ihr von dieser Podcast-Folge hier.
„Kontrolle abgeben“, das ist für Ssonja der entscheidende Schritt vom klassischen zum modernen Führungsverständnis. Gar nicht so einfach, wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hat, die Person mit den meisten Informationen zu sein und sie nach eigenem Ermessen an andere zu verteilen. Klar, diese Macht an die Teams abzugeben, hört sich nicht nur wie ein Machtverlust an, sondern ist auch einer. Kein Wunder, dass sich das für Ssonja anfangs nicht gut angefühlt hat. Und dann kommen wir und sagen: Vertrau darauf, lass dich darauf ein, du musst es einmal fühlen und dann weißt du, was moderne Führung bedeutet. „Ich werde doch nicht fürs Fühlen bezahlt“, dachte sich Ssonja damals. Das agiles Führen sinnvoll ist und wie es sich anfühlt, verstand sie erst, als ihr Team die ersten Ergebnisse vorzuzeigen hatte.
Dieses Gefühl, das sie gepackt hat, hat sie dazu gebracht, nach 25 Jahren im Konzern den mutigsten Schritt ihrer Karriere zu gehen.
2. Teams arbeiten strategisch
„Die Teams wissen ja, welches Produkt funktioniert. Früher hast du dich darüber in Führungskreisen unterhalten – wir müssten mal ‘ne App bauen. Jetzt entstehen Apps in den Teams. Die Teams machen Strategie einfach über das reine Tun.“ Die Strategie ist das, was man tut, nicht das, wo man hinwill. Sie entsteht in den Teams, während sie die Bedürfnisse des Users befriedigen – nicht in einer Vorstandssitzung. Das ist für viele schwer zu akzeptieren oder auch zu begreifen.
Aber soll Strategie nicht langfristig gedacht werden? Das können die Teams nicht leisten, rein aus ihrem Arbeitsmodell heraus. In den persönlichen Interessen der Mitglieder können so Gedanken wie „Wird es meinen Job in zehn Jahren noch geben? Schadet meine Arbeit der Zukunft meiner Kinder?“ durchaus sehr relevant sein, aber die Möglichkeit, darauf einzuwirken, fehlt.
Also müssten eigentlich der Vorstand und das Management das wirklich langfristige strategische Denken übernehmen und im Interesse des großen Ganzen Pläne schmieden. Sich rein um so Themen wie Innovationskraft, Nachhaltigkeit und Digitalisierung kümmern und darum, wie man die Teams darin befähigt. Aber tun sie das? Eher nicht, wenn ihre Verträge nur auf fünf Jahre laufen. Kein Wunder, dass vielen Manager:innen im klassischen Führungsverständnis Angst und Bang wird, wenn sie die Macht über Business-Strategien abgeben sollen. Wenn die Teams jetzt auch noch (produkt-)strategisch arbeiten, was sollen sie dann machen?
3. Nachhaltige Banken machen nachhaltige Unternehmen
Ssonja hat die Bankbranche nicht nur mitgestaltet, sondern richtiggehend durchlebt: von der aufstrebenden sogenannten neuen „Stahlbranche“ der 90er über die Internationalisierung des Geschäfts, die Finanzkrise, bis zum vollkommen Image-Absturz. Heute habe die Bankenbranche „die einmalige Chance, wieder etwas Edles zu tun, nämlich zu helfen, den Planeten zu retten. Die Speerspitze der nachhaltigen Wirtschaft ist die Lenkung der Finanzströme.“ Was Ssonja damit meint, ist die neue EU-Taxonomie, die vorsieht, dass Banken viel stärker als bisher auf die Nachhaltigkeit achten müssen, wenn sie Kredite vergeben oder Investments anbieten und damit als gesamte Branche Finanzströme lenken. Das bedeutet erst mal richtig viel Vorbereitung und Arbeit. Ssonja sieht darin aber vor allem eine große Chance, die Banken nach Finanzkrisen, Anlaufschwierigkeiten im digitalisierten Business oder Imageschäden nutzen können, um sich ein völlig neues Geschäftsfeld zu erobern: die Bank als Partnerin im nachhaltigen Wirtschaften.
Wir sprechen außerdem über borisgloger, wie wir arbeiten, wie wir uns gegenseitig fördern und uns weiterentwickeln wollen.
Ssonja publiziert am laufenden Band: Lest hier ihre Blogbeiträge, ihr Whitepaper zu Intrapreneurship und eine Case Study aus ihrer Zusammenarbeit mit der KFW Entwicklungsbank.
Über die Bank als Nachhaltigkeitsberaterin habe ich auch mit Dirk Kannacher und Mirko Schulte von der GLS Bank gesprochen.
Hört einfach mal rein und lasst mich wissen, was eure Gedanken sind.