Die wahre Seele der Briten lernst du im Pub kennen – mit Stuart Simpson, Gründer von English4Professionals

„Insbesondere europäische Medien schreiben gerne: Der Brexit und Boris Johnson sind an allem schuld. Dabei stecken andere Gründe hinter dem Mangel an Lkw-Fahrer:innen, Öl und dem Weihnachtstruthahn. Davon liest du aber nichts.“ 

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Mein Gast: Stuart Simpson 

Normalerweise bin ich derjenige, der in den Gesprächen mit Stuart am meisten quatscht: Er ist seit ca. sechs Jahren mein Englischlehrer und hilft mir dabei, mein „Business English“ stetig zu verbessern. In der neuen Podcast-Folge habe ich den Spieß umgedreht, denn Stuart hat eine beeindruckende Biografie. Nach neun Jahren bei der Royal Air Force studierte der gebürtige Brite „International Business“ in England und Spanien und arbeitete für verschiedene Firmen. Wie es der Zufall wollte, verschlug es ihn vor rund 20 Jahren nach Wien – und da er die Stadt so sehr schätzt wie ich, beschloss er zu bleiben. Seitdem hilft Stuart als Englisch-Trainer Berufstätigen aller Sparten und Branchen, Englisch ohne großen Zeitaufwand und Stress zu erlernen. Zunächst noch nebenberuflich und seit 2010 mit English4Professionals hauptberuflich. 

Das sind die drei Hauptpunkte in Kürze: 

1.     Qualität statt Quantität – so geht Business 

Wie so viele andere Disziplinen, ist auch der Beruf des Englischlehrers nicht ohne Konkurrenz. Viele machen sich nebenbei selbstständig, weil sie ihr Einkommen aufbessern wollen oder sie den Beruf von der ganzen Welt aus ausüben können. Das Dilemma: Selbst Muttersprachler:innen haben oft nicht den notwendigen Hintergrund, um z. B. die Grammatik zu erklären. Klar, wir können unsere Geburtssprache in der Regel aus dem Effeff, aber versucht doch selbst mal, Ausländer:innen zu erklären, warum wir im Deutschen zig verschiedene Anredepronomen benötigen. Darum geht es also, meint Stuart: Gebe den Kund:innen etwas qualitativ Hochwertiges, was sie woanders in dieser Form nicht bekommen. Das bedeutet umgekehrt nicht, dass wir inhaltlich alles wissen müssen – ob das nun Gesetzestexte sind, wenn Stuarts Kunde ein Jurist ist oder der genaue Mechanismus hinter einem Produkt, wenn wir mit borisgloger consulting ein Unternehmen beraten. „Du kannst kein Spezialist für alles sein“, sagt Stuart richtigerweise. Die Basis liegt beim Kunden selbst, der seinen Themenschwerpunkt am besten kennt – darauf aufbauend arbeitet Stuart gemeinsam mit dem Kunden an Vokabular, Verben und professionalisiert die Aussprache.  

Das ist wie mit der Agilität: Auch da sollten gute Coaches und Trainer:innen das Einmaleins der agilen Prinzipien beherrschen und die Wirkungsweise schon mal selbst ausprobiert haben. Nur so können sie an und mit der Basis des Kunden arbeiten. Alles andere ist Berater:innen-Allerlei, das nicht in die Tiefe geht. 

2.      Glaube nicht alles, was in den Nachrichten steht 

Die Menschen außerhalb Großbritanniens sowie diverse Medien denken, sie versetzen sich in die britische Perspektive und überblicken alles – dabei haben sie kein Gefühl dafür, wie die Engländer:innen wirklich ticken. Sie sprechen nicht mit den Leuten vor Ort, sondern lesen Nachrichten von Reuters. „Setzt euch doch einfach mal mit einem Pint in eine Bar in England und redet mit den Einheimischen“, empfiehlt Stuart. „So bekommt man viel eher ein Gefühl für das Land und die Geschichten, die die Briten bewegen.“ So verkehrt scheint Stuart da nicht zu liegen – immerhin hat er nach eigenen Angaben auf diese Weise vergangene Wahlergebnisse und den Ausgang des Brexit voraussagen können. Also: Seid neugierig und schaut über den Tellerrand. Dann klappt es auch mit den Briten. (Das Pub ist in England übrigens eher eine soziale Institution als eine Bar.) 

3. Blame Boris for Brexit? Die Schuldfrage muss differenzierter betrachtet werden 

Ist euch schon mal aufgefallen, dass insbesondere die europäischen Nachrichtenmagazine vorwiegend die schlechten Seiten des Brexit zeigen? Tenor: Der Brexit ist schuld daran, dass Lastwagenfahrer:innen fehlen, dass kein Öl mehr da ist, dass die Regale leer sind. Aber ist das wirklich so? Haben wir in Deutschland und überall in Europa nicht auch Probleme damit, Lastwagenfahrer:innen zu finden? Es gibt tatsächlich andere, ganz simple Gründe: Zum Beispiel der, dass in England aufgrund der Corona-Pandemie und deren Folgen viele Lkw-Fahrer:innen ihren Führerschein nicht verlängern lassen können. Die Mühlen der Behörden mahlen im Home Office einfach langsamer, u.a. aufgrund von schlechter IT-Infrastruktur. Außerdem sind die Arbeitsbedingungen für Lkw-Fahrer:innen insbesondere in England miserabel. Es schreibt nur keiner darüber, weil es nicht ins Narrativ passt. 

Hört mal rein, wenn ihr wissen wollt, was die Engländer:innen im Pub über Macron erzählen und wie ihr euer Englisch einfach nebenbei verbessern könnt – kostenlos und mit wenig Zeitaufwand. 

Ich freue mich auf eure Kommentare und Gedanken dazu. Achtung: Natürlich ist diese Podcast-Folge auf Englisch! ?