Auch Unternehmen können und sollen Aktivisten sein – mit Stefanie Summerauer (Visionistas)

„Werte stehen schnell einmal wo. Man kann hinschreiben: Wir stehen für Gleichberechtigung von Männern und Frauen. Und dann sitzt keine einzige Frau im Vorstand. Das sind Dinge, die gehen einfach nicht.“

Stefanie Summerauer

Mein Gast: Stefanie Summerauer

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Agenturen gibt es wie Sand am Meer. Und dann gibt es Stefanie, die zeigt, dass man sich auch in der Kommunikationsbranche gut über Wasser halten kann, wenn man die Dinge etwas anders angeht. Als Co-Founderin von Visionistas hat sie 2018 eine Agentur für soziale Verantwortung gegründet – ein Angebot an Unternehmen, die Verantwortung übernehmen und mit ihren Ressourcen auf gesellschaftlicher Ebene etwas bewegen wollen. Dieser aktivistische Tenor kommt nicht von irgendwo. Vor ihrer Gründung war Stefanie Sozialarbeiterin. Den richtigen Ton trifft sie übrigens nicht nur in der Kommunikation, sondern auch als leidenschaftliche Musikerin.

Das sind die drei Hauptpunkte

1. Als Unternehmen ist es wichtig, für seine Werte einzustehen

Auch Unternehmen können eine aktivistische Position einnehmen. Die Visionistas nennen das „Brand Activism“. Dabei geht es darum, die eigenen Werte nach außen zu tragen und am Diskurs teilzunehmen. Klingt nach Shitstormgefahr im Verzug? Natürlich polarisiert das – wohl ein Grund, warum sich viele Unternehmen noch nicht so recht trauen.

Dass man damit aber auch sehr erfolgreich sein kann, zeigt das Beispiel Nike mit der Verpflichtung von Colin Kaepernick als Werbebotschafter – ein starkes Zeichen gegen Polizeibrutalität und Rassen-Ungleichheiten. Oder das Unternehmen Patagonia mit seinem Engagement für das Reparieren und Wiederverwenden von Kleidung. Klar, mit den Budgets, die diese Unternehmen haben, lässt sich das sicher leichter umsetzen. Aber auch im kleineren Rahmen kann man etwas bewirken, indem man für die eigenen Werte eintritt und Stellung zu relevanten Themen bezieht.

Der Gedanke an sich ist nicht neu. Schon in der frühen CSR-Phase war man sich einig, dass Unternehmen eine Verantwortung gegenüber der Gesellschaft haben. Daran hat sich nichts geändert. Was sich aber weiterentwickelt hat, ist die Dringlichkeit, mit der das heute eingefordert wird – siehe Fridays for Future. „Das ist auch ein Generationenphänomen“, so Stefanie. „Den jungen Generationen ist es wichtig, wofür eine Marke steht.“

2. Zuerst handeln, dann kommunizieren

Nicht nur junge, hippe Marken können gesellschaftliche Themen ansprechen und Teil des Diskurses sein. Auch Unternehmen mit eher konventionellem Geschäftsmodell sind in der Lage, etwas zu bewegen. „Es braucht mehr Commitment von den Unternehmen, damit die Zukunft bestehen kann“, ist Stefanie überzeugt. Mittelfristig führt daran kein Weg vorbei. Denn schon jetzt fließen die Werte von Unternehmen in Kaufentscheidungen mit ein. Und auch im beruflichen Kontext stellen sich immer mehr Menschen die Frage: Stimmen meine Werte mit denen meines potenziellen Arbeitgebers überein?

Aber es bringt nichts, nur zu reden. Unternehmen müssen ihre Werte auch authentisch vertreten können. Daher sollten sie zuerst die nötigen Maßnahmen und Veränderungen auf den Weg bringen, bevor sie ihre Kommunikation umstellen.

Das beste Vorbild ist Stefanie mit ihren Visionistas selbst: Ihr ist es wichtig, auf Augenhöhe mit Menschen zusammenzuarbeiten – ein Bedürfnis, das ihrer Meinung nach nicht mit dem konventionellen Agenturgedanken zu vereinbaren ist. Diese Einstellung lebt sie und das wird auch von den Unternehmen wahrgenommen. Das Resultat: Es melden sich von Vornherein nur die richtigen Kunden bei ihr.

3. Über die eigenen Werte zu reden, verändert das Unternehmen

Sprache schafft Wirklichkeit. Über wichtige Themen zu sprechen, verändert etwas im Unternehmen, stößt Diskussionen an und ermöglicht eine offenere Kommunikation. Intern und aus dem Unternehmen hinaus. Mit der richtigen Strategie führt das zu positiven Veränderungen. Denn am Ende ist jede einzelne Person auch Markenträger:in nach außen.

In der Praxis ist dieser Prozess nicht immer leicht. Das Unternehmen muss sich darauf einlassen und „es gibt auch Widerstände“, so Stefanie. Umso wichtiger ist es, dass die Kommunikationsabteilung im Unternehmen nicht einfach nur Werte definiert und an die Wand klatscht. Wenn man einen Diskurs anstoßen will, muss man auch alle Mitarbeiter:innen ins Boot holen und ihnen aufmerksam zuhören.


Hört einfach mal rein, wenn ihr wissen wollt, wie man auch in der Kommunikationsbranche einen ganz eigenen Weg gehen kann und warum Unternehmen politischer werden sollten. Ich freue mich auf eure Kommentare!

Titelbild: © Benedikt Weiss