Wann wird die Baubranche endlich agil? Mit Arved Weidemüller (borisgloger)

Selbst für einen erfahrenen Architekten und Bauleiter wie Arved Weidemüller wäre so etwas Kleines wie die Koordination seines privaten Badumbaus ein Fulltime-Job: Er müsste mindestens fünf verschiedene Handwerksbetriebe beauftragen und so koordinieren, dass sie sich weder auf die Füße treten, noch Wartezeiten haben. Wenn sich die Handwerker:innen untereinander absprechen, ist das alles kein Problem. Es gibt sogar Firmen, die die Koordination übernehmen und nach außen als Generalunternehmen auftreten. Warum ist diese Koordination bei Neubauten dann so schwierig?

Mein Gast: Arved Weidemüller

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Bevor Arved mein Kollege wurde, war er viele Jahre Architekt und Projektleiter auf großen Baustellen. Vor einigen Jahren hatte er genug von Baubesprechungen, in denen die Vertreter:innen der Gewerke nur ihre Zeit absitzen, anstatt miteinander zu reden. Bei borisgloger geht er das große Thema Agile im Bau an (mehr dazu erfahrt ihr auf dieser Seite). Seine Idee: Wenn Planer:innen, ausführende Unternehmen, Bauherren und User vom Planungsbeginn bis zur Schlüsselübergabe zusammenarbeiten, dann werden Gebäude schneller, günstiger und mit weniger Mängeln fertig.

Das sind die drei Hauptfragen

1. Kann es Zusammenarbeit zwischen Gewerken geben?

Wir hatten das in der agilen Welt auch: Die Leute, die die Arbeit machen, z. B. die Software programmieren oder die Fliesen legen, werden immer zu spät gefragt. Nämlich erst nach der Planungsphase.

In der Baubranche zieht sich das Nicht-Kommunizieren dann weiter durch den ganzen Bau: Die Vertreter:innen der Gewerke reden nicht (wirklich) miteinander. So können sie einander auch nicht unterstützen, wenn sie einmal einen Leerlauf haben und nur darauf warten, dass ein anderes Gewerk seinen Teil erledigt hat. Anstatt dafür zu sorgen, dass der Bau für den User fertig wird, erledigen sie ihren Teil der Vereinbarung und gehen dann wieder ihrer Wege. Warum sollten sie es auch anders machen? Vor allem bei öffentlichen Bauvorhaben kriegt am Ende den Zuschlag nicht, wer am besten mit den anderen zusammenarbeitet, sondern wer am billigsten ist.

Wie könnte es anders gehen? Klar, als Auftraggeber:in möchte man sich am freien Markt die Anbieter mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis aussuchen. Dass diese einander schon kennen oder Interesse haben, besonders gut zusammenzuarbeiten, ist unwahrscheinlich. Arved erzählt von einem Architekten-Freund, der immer mit denselben Handwerkern arbeitet. Mit diesem Gesamtpaket fährt man wohl besser, auch wenn es auf den ersten Blick möglicherweise teurer ist. Deshalb, meint Arved, sind auch Generalunternehmen (GUs), die einen hohen Eigenproduktionsanteil haben, erfolgreicher (nämlich schneller). So verstanden ist Outsourcing Quatsch. Alle, die viel bauen, wie die Kommunen, könnten sich wieder ihre eigenen Bauabteilungen aufbauen, die auch wirklich selbst bauen oder Teile produzieren, die für den Bau wesentlich sind. Arved kann euch dabei sicher helfen.

2. Wo bleibt die User-Zentrierung?

Wenn wir von User-Zentrierung sprechen, meinen wir – oder zumindest ich –, dass genau das gebaut wird, was die Nutzer:innen wollen. Wenn ich mir also eine Wohnung kaufe und mein Bad mit blauen Re-Use-Fliesen und der Dusche unter der Dachschräge haben will, dann soll die Planerin das bitte auch so planen. Ein klares Jein kommt dazu von Arved: Das Installationssystem der Gebäudetechnik, eine begrenzte Fliesenauswahl und Sicherheitsaspekte schränken die User-Zentrierung natürlich ein. Da gibt es keine bis kaum Kompromisse – bei großen Bauvorhaben. Aber selbst da, meint er, sei User-Zentrierung möglich, wenn man die User gleich bei Planungsbeginn an den Tisch holt.

Bei kleinen Bauvorhaben sollte das sowieso anders sein, ist es aber oft nicht. Jede:r, der oder die schon einmal selbst Haus gebaut hat, weiß, dass man sich seiner Sache schon sehr sicher sein und auf seine Wünsche bestehen muss, wenn man sich als Person, die das Haus bewohnen soll, gegen die Leute vom Fach durchsetzen will. Mit dem agilen Bauen, vor allem mit der integrierten Projektabwicklung, will Arved die User-Perspektive einbringen. Erfahrt mehr auf dieser Webseite.

3. Wo bleiben die Innovationen?

Solange genug Aufträge da sind, gibt es in der Baubranche keinen Innovationsdruck, und solange jeder Bau ein Unikat ist, gibt es keinen Lernzyklus. Damit sich Innovationen auszahlen, z. B. technische, müssen sie ständig genutzt werden. Das funktioniert in Unternehmen, die nach einem gewissen Muster bauen, z. B. im Modulbau oder bei Fabrikshallen. Sie kennen ihr Produkt und stellen es regelmäßig und fast oder vollkommen zur Gänze inhouse her.

Arved erzählt von einem Unternehmen, in dem beschlossen wurde, nur mehr Hallen aus Stahlkonstruktionen zu bauen. Auch das ist User-Zentrierung: Anstatt mittelmäßige Produkte aus Metall, Beton oder Holz zu bauen, konzentrierte sich dieses Unternehmen auf eines. Es investierte in Schweißroboter, verbesserte die eigenen Konstruktionen und besetzt seither eine Nische. Wieder einmal seht ihr, dass Spezialisierung der Weg zu innovativen Geschäftsmodellen ist (darüber habe ich hier geschrieben).


Hört einfach ‘mal rein, wenn ihr mehr über modulares Bauen, User-Zentrierung, Agile im Bau und Spannendes aus der Baubranche erfahren wollt.

Arved sucht Verstärkung für sein Team: (Junior) Consultant mit Erfahrung in der Bauleitung (m/w/d)