„Als Start-up Objekte abzulehnen, weil sie nicht nachhaltig sind, tut natürlich weh. Aber es war der richtige Weg.“
Christian Schön
Was die österreichische Immo Solutions in nur drei Jahren geschafft hat, ist irre: 26 große nachhaltige Bauprojekte, die zum Beispiel auf das „1,5 Grad“-Klimaziel einzahlen. Ich habe mich mit einem der beiden Gründer, Christian Schön, unterhalten.
Mich begeistert an der Geschichte von Christian die Leidenschaft für dieses Projekt und der eine Aspekt beim Gründen, der oft übersehen wird: Die Gründer hatten einfach Ahnung von ihrem Geschäft und erkannten die Chance, schneller als andere einen entstehenden Markt zu bedienen. Heute, vier Jahre später, gehört nachhaltig zu investieren fast schon zum guten Stil.
Mein Gast: Christian Schön, Immo Solutions
Aus dem Wunsch heraus, Immobilien nachhaltiger zu machen – von der Planung bis zur Nutzung – gründete Christian Schön 2017 gemeinsam mit seinem Geschäftspartner Harald Kopertz Immo Solutions, eine Immobilien-Managementgesellschaft mit Sitz in Wien. Die Immo Solutions sammelt Investments von institutionellen Investoren, um damit vor allem maßgeschneiderte Wohnimmobilien in Städten oder soziale Einrichtungen in ländlichen Gebieten zu planen, zu bauen und zu bewirtschaften. Immo Solutions spricht gezielt Investoren an, die einen ähnlichen Wertekatalog haben mit den Grundlagen: nachhaltig, sozial verträglich und gesellschaftlich relevant.
Das sind die drei Hauptpunkte aus dieser Folge
1. Wie wird ein Banker zum Social Entrepreneur?
2017 wurden die Gründer noch belächelt und gefragt, ob sie eine Midlife-Crisis hätten. Christian und sein Geschäftspartner waren schließlich erfolgreich in ihren jeweiligen sehr sicheren Berufen. Christian war Großkundenbetreuer, und Harald im Immobiliengeschäft zuhause. Doch dann fragte sich Christian: Wie kann ich realwirtschaftlich etwas zum nachhaltigen Wirtschaften beitragen? Die beiden kombinierten ihr Können: Nachhaltige Immobilieninvestments lagen nahe, ebenso wie die Zielgruppe der institutionellen Investoren, einerseits weil Christian in diesem Bereich gut vernetzt ist, andererseits weil der Hebel von Institutionen natürlich größer ist als der von Privatanlegerinnen und Privatanlegern. Die beiden machten Bedarfsanalysen und fanden heraus: Es gibt institutionelle Investoren wie Pensionskassen, Vorsorgekassen, Versicherungen, Stiftungen usw., die sozial investieren wollen, etwa in Pflegeheime, aber das Angebot an solchen Investitionen war 2017 sehr begrenzt.
Investitionen in nachhaltige Bauprojekte, die erst gebaut werden müssen, bringen aber keine kurzfristigen Renditen ein. Deshalb haben sie nicht nur neue Projekte gebaut, sondern auch bestehende Objekte gekauft, nachhaltig umgebaut und dann offenbar lukrativ vermietet. Es ist also mit ein wenig Kreativität möglich, sich auf den ersten Blick ausschließende Ziele (wie Nachhaltigkeit und kurzfristige Renditen) zu erreichen. Diese Kreativität macht es den Gründern möglich, ein überlebensfähiges Unternehmen aufzustellen und dabei „nachhaltige Werte zu schaffen, der Gesellschaft gegenüber Verantwortung zu übernehmen und einen langfristig positiven Fußabdruck zu hinterlassen“, wie sie auf ihrer Website schreiben.
2. Was ist nachhaltiges Bauen?
Nachhaltigkeit hat bei Immobilien vor allem zwei Gesichter: das ökologische Bauen und die soziale Verwendung. Für das Bauen orientiert sich die Immo Solutions an den klimaaktiv-Kriterien des österreichischen Bundesministeriums für Klimaschutz, die Projekte sind danach zertifiziert.
Der Schlüssel für die soziale Komponente heißt Nutzungsmix: Kindergärten, Seniorenwohnungen, Co-Working-Spaces, Mietwohnungen, Geschäftslokale. Wieder einmal muss ich den seit März 2020 oft gehörten Satz bemühen: Corona hat uns gezeigt, dass ein eigenes Büro oder ein flexibel mietbarer Raum in Wohnnähe oder im eigenen Wohnhaus praktischer sein kann als ein teures Großraumbüro in der Altstadt. Und wenn grad keine Corona-Maßnahmen in Kraft sind, können die Seniorinnen und Senioren Zeit mit den Kindergartenkindern verbringen, die auf ihre Eltern warten. In den Objekten, die Immo Solutions baut, gibt es Begegnungsräume, in denen sich Gemeinschaften bilden können. Die Folge: Wenn alle Nutzerinnen und Nutzer sich im Gebäude und in der Gemeinschaft wohlfühlen, achten sie auch auf beides und die Fluktuation ist geringer. Alle gewinnen: die Nutzerinnen und Nutzer, die Eigentümer und die Investoren.
3. Wie baut ein Unternehmen 26 Objekte in 3 Jahren?
Und das mit 11 Angestellten. Neben der Expertise der Gründer ist ihre Fähigkeit, fähige Leute anzuziehen, sicherlich ihr wertvollstes Asset. Während der Corona-Krise haben sie niemanden gekündigt oder in Kurzarbeit geschickt, die Immo Solutions ist sogar gewachsen. Christian und Harald schaffen es offenbar, indem sie Arbeitsplätze mit Sinn kreieren, als Arbeitgeber für Leute attraktiv zu sein, die genau wie sie für nachhaltiges Bauen einstehen und die bereit sind, sich voll einzubringen.
Aber natürlich plant und baut die Immo Solutions die Gebäude nicht alleine. Sie sucht geeignete Projekte, organisiert die Investments und stellt sicher, dass die Objekte ihren erklärten ökologischen und sozialen Werten entsprechen. Für alles, worin die Immo Solutions keine Spezialistin ist, arbeitet sie mit Partnern zusammen.
Hört einmal rein und lasst mich wissen, was eure Gedanken sind. Ich freu mich über eure Kommentare! Wenn ihr euch für weitere Podcast-Folgen zum Thema Nachhaltigkeit interessiert, findet ihr sie hier.
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