„Wenn das Produkt gut ist und du als Mensch kein Depp bist, dann wirst du wieder gebucht. Aber du musst gesehen werden. Corona hat es mir echt schwer gemacht.“
Franziska Krieck
Mein Gast: Franziska Krieck
Franziska fotografiert seit acht Jahren für uns und hat uns damals geholfen, eine zeitlose Bildsprache für unsere Consultant-Fotos zu finden. Vor über einem Jahr hat Franziska ihr Unternehmen in Deutschland geschlossen und ist nach Antwerpen gezogen. Über ihre Gründe und ihren Mut haben wir damals in dieser Folge gesprochen. Dieses Mal erfahren wir, wie es der erfolgreichen Gründerin weiter ergangen ist.
Die Hauptpunkte in Kürze
Neues Land, neues Unternehmen
Weil sich die Gesellschaftsrechte in Deutschland und Belgien unterscheiden, konnte Franziska, als sie nach Antwerpen umzog, nicht einfach den Firmensitz ändern und ihr Unternehmen mitnehmen. Als Geschäftsführerin aus dem Ausland zu arbeiten oder beide Unternehmen zu behalten, wäre nicht rentabel gewesen. Also hat sie ihr deutsches Unternehmen geschlossen und in Belgien ein neues gegründet. Dazu kam, dass sie die Sprache erst lernen (und Verträge in dieser neuen Sprache unterschreiben) musste, kaum jemanden kannte, kein Netzwerk aus Freelancern hatte, auf die sie zurückgreifen konnte, und kurz nach ihrem Umzug die Corona-Lockdown-Zeit anstand. Letzteres hatte zumindest ein Gutes: Sie konnte endlich ungestört in Museen fotografieren, weil die ohnehin geschlossen hatten. Der Nachteil: Der einzige Kontakt, den sie vor Ort hatte, war der Mitarbeiter vom externen Sicherheitsdienst, der ihr die Tür öffnete. Gelegenheiten, mit Kund:innen ins Gespräch zu kommen, gab es nicht.
Das Unternehmen emanzipiert sich
Als ich borisgloger consulting gründete, war ich das Unternehmen. Die Werte des Unternehmens waren meine Werte. Seine Entwicklung war meine Entwicklung. Als neue Menschen dazukamen, die eigene Werte mitbrachten und sich anders entwickeln wollten, war auch die Entwicklung des Unternehmens weniger eng mit meiner verknüpft. Viele Entwicklungen finde ich gut, manche nicht, manche dauern mir zu lange. Franziska sagt richtigerweise: „Wer einmal ein Unternehmen gegründet hat, möchte, dass es lebt.“ Wenn sich das Unternehmen also von den eigenen Werten entfernt hat, dann gibt es zwei Möglichkeiten: Ich verlasse entweder das Unternehmen, damit es ohne mich weiterlebt, oder sehe zu, dass ich mich hier meinen Werten entsprechend einbringen kann.
Bei Familienunternehmen sieht man das gut: Oft identifizieren sich die Familienmitglieder vollkommen mit dem Unternehmen, wie ich einst mit borisgloger consulting. Die Tochter, der das Unternehmen heute (mit)gehört, mag aber ganz andere Werte haben als der Vater, der es jahrelang geführt hat. Sie muss erst herausfinden, wie sie das Unternehmen oder ihre Rolle im Unternehmen so verändern kann, dass sie sich wohlfühlt. Aber ein erfolgreiches Unternehmen mit eingespielten Prozessen und einer klaren Vision an die eigenen Werte anzupassen, ist eine Gratwanderung. Im schlimmsten Fall verliert das Unternehmen seine Identität – oder die Tochter verliert ihre. Vielleicht muss sie das Unternehmen einfach verlassen und etwas Eigenes gründen.
Wenn sich die Werte ändern
Drehen wir den Spieß um: Vielleicht hat sich nicht das Unternehmen in eine andere Richtung entwickelt, sondern ich. Heute sind mir andere Werte wichtig als vor zehn Jahren. Für Franziska war so ein neuer Wert – ähnlich wie bei mir – Nachhaltigkeit. Sie fing an, bewusster und weniger zu konsumieren. Da war es für sie nicht mehr stimmig, Mode zu fotografieren, um andere zum Konsum zu animieren. Also nahm sie ihre Werte und Kompetenzen als Wegweiser zu einer neuen Spezialisierung: Sie will Menschen das Leben erleichtern und verschönern, ohne dabei dem Planeten zu schaden, und als Architektin hat sie einen geschulten Blick für Strukturen. Also wechselte sie die Branche: Sie fotografiert nun nicht mehr für den Handel, sondern vor allem Ausstellungen und Gebäude.
Hört mal rein und erfahrt, wie Franziska sich eine neue Existenz und ein neues Netzwerk aufbaut, wie es für sie ist, sich als Einzelunternehmerin wieder um alles selber zu kümmern, und was ihr dabei fehlt.
Apropos Nachhaltigkeit: Im Herbst stehen in Deutschland Bundestagswahlen an. Informiert euch doch im ersten Schritt mal, was die Parteien in der Klimapolitik planen. Machen wir die Wahl zur Klimawahl.