„Die Technik ist spannend, kann sehr nachhaltig sein und die Art und Weise, wie wir uns fortbewegen, grundlegend verändern. Was können wir schon verlieren?“
Robin Köhnlein
Iris, Robin und der Hyperloop
Passagier:innen durch eine teilevakuierte Röhre zu schicken: Diese Idee ist schon mehr als 200 Jahre alt und wird in vielen Science-Fiction-Geschichten immer wieder erwähnt. Doch sie zu realisieren, dazu brauchte es wieder einmal Elon Musk. Er veröffentlichte 2013 ein Whitepaper in dem Passagierkapseln (Pods), nahezu lautlos und beinahe mit Schallgeschwindigkeit durch eine Röhre mit etwa einem Tausendstel des Atmosphärendrucks schweben. Wenn sie tatsächlich Realität wird, könnten die Hyperloops die ineffizienten und umweltschädlichen Kontinentalflüge ablösen. Damit es einmal so weit kommt, ließ Musk eine Teststrecke in Kalifornien bauen und er schrieb 2015 bis 2019 einen jährlichen Wettbewerb für Studierende aus, den von 2017-2019 übrigens jedes Mal ein Team der TU München gewonnen hat. Im Mai 2020 gründeten sieben Karlsruher Studierende gemeinsam den Verein mu-zero HYPERLOOP, um an der Europäischen Hyperloopweek teilzunehmen. Zu ihnen gehören meine Gäste: die Informatikstudentin Iris Landerer und der Elektrotechnikstudent Robin Köhnlein.
Das sind die drei Hauptpunkte
1. Hyperloop: der sehr schnelle Zug in der Vakuumröhre
So könnte man ihn ganz platt erklären, wobei der (unterirdische) Tunnel nicht vollkommen luftleer wäre, sondern nur fast. Das soll den Luftwiderstand dermaßen reduzieren, dass sich ein Zug darin unvorstellbar schnell bewegen könnte. Im September 2020 starteten die Karlsruher Studierenden ihre Challenge: Bis Mai 2021 wollten sie einen Prototyp eines Pods bauen. 1,8 Meter groß ist er und auf dem Video hinter Iris zu sehen. Allein das Bauen ist ein sehr ehrgeiziges Ziel, dazu kommt, dass noch so viel erst gefunden oder aufgebaut werden musste: der physische Ort zum Bauen – während Corona besonders schwierig –, die Infrastruktur, die Belegschaft, die Organisationsstruktur. Dazu kamen die kleine Auswahl an leistbaren Hardware-Zulieferern und deren lange Lieferzeiten.
2. Von 7 auf 60 Mitarbeitende in einem Jahr
Dass sie den Science-Fiction-Traum ‚Hyperloop‘ nicht allein wahrmachen können, war den sieben Gründer:innen von Anfang an klar. Sie brauchten Mitstreiter:innen mit ganz speziellen Fähigkeiten und einem langen Atem. Sie nutzten vor allem ihr Netzwerk an der Technischen Universität Karlsruhe, um neue Mitglieder für den Verein und Mitarbeitende für das Projekt zu sammeln. Wohlgemerkt: ehrenamtliche Mitarbeitende. „Zu Beginn waren wir fast nur Bekannte. Die Beziehung war extrem wichtig. Wir hatten ja sonst nichts“, sagt Robin. Was motiviert die Studierenden und Lehrenden, die operativ und beratend bei mu-zero HYPERLOOP an Bord sind, so viel Arbeitsaufwand in eine risikoreiche Entwicklung wie den Hyperloop zu stecken (Nachtschichten inklusive)? Ein Netzwerk, gutes Teamgefühl und nicht zuletzt die Vision, eine wissenschaftliche Sensation zu schaffen. Gerade die Studierenden sind, wie das Gründungsteam, begeistert von der Chance, ihr Fachwissen in einen Prototyp zu stecken.
3. Iterativ und experimentell
Die mu-zero HYPERLOOPers testen, lernen, verbessern. Weil jeder physische Prototyp teuer und aufwendig ist, arbeiten sie auch datengetrieben und mit Simulationen. Sie befragen User, um ihre Bedürfnisse kennenzulernen. Sie sind scheinbar unermüdlich. Diese Studierenden haben innerhalb kurzer Zeit die erforderliche technische Infrastruktur und Organisation auf die Beine gestellt, um zu skalieren und Ergebnisse für ihre Investoren zu liefern – woran selbst zunächst erfolgreiche Start-ups in der Wachstumsphase oft scheitern. Dass es kein Zuckerschlecken ist, ein Unternehmen mit 60 Leuten aufzubauen, das weiß ich aus eigener Erfahrung.
Wie schaffen sie das? Robin verrät: Zuerst kommen das Team bzw. der Verein, die gemeinsamen Werte und dann die eigentliche Arbeit. Das kennen wir ja schon aus der Agilität, aber wie machen das die Studierenden heute? In Workshops, gemeinsamen Kick-offs, beim gemeinsamen Memes-Basteln u. a. Außerdem halten sie Kontakt mit den ehemaligen mu-zero HYPERLOOPers im Alumninetzwerk. Und so wird hoffentlich auch der Generationenwechsel vom jetzigen Jahrgang zum nächsten klappen. Ich wünsche es ihnen von Herzen.
Hört mal rein, wenn ihr mehr über den Hyperloop und darüber erfahren wollt, wie sich diese Vision der Personenbeförderung in den nächsten Jahren weiterentwickeln könnte. Lasst mich wissen, was eure Gedanken sind. Ich freu mich auf eure Kommentare!
Mobilität ist eines der zentralen Zukunftsthemen, mit denen sich die nächste deutsche Bundesregierung auseinandersetzen muss. Im Herbst stehen Bundestagswahlen an. Informiert euch doch im ersten Schritt mal, was die Parteien in der Klimapolitik planen. Machen wir die Wahl zur Klimawahl.
Titelbild: Iris Landerer & Robin Köhnlein, mu-zero HYPERLOOP