Wie ihr euer eigenes Carsharing aufbaut – mit Stefan Waschmann (Gründer von Elfride)

„Unsere liebsten neuen Nutzer:innen sind die, die dann tatsächlich ihr Auto aufgeben.“

Mein Gast: Stefan Waschmann

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Stefan Waschmann hat eine bunt durchmischte Vergangenheit. Er ist Doktor der Politikwissenschaft und hat Wirtschaft studiert. Danach führte ihn sein beruflicher Weg in unterschiedlichste Unternehmen – von den Stadtwerken über Beratungsunternehmen bis hin zur Büroleitung von Sigi Maurer. 2013 begann er nebenbei, das Carsharing-Projekt Elfride im siebten Wiener Gemeindebezirk aufzubauen, um etwas gegen das Autoproblem in den dichtbesiedelten Innenbezirken zu unternehmen. Das erklärte Ziel: weg vom Auto-Besitzen hin zum Auto-Nutzen, wenn es wirklich nötig ist. Was ihn dazu gebracht hat, welche Herausforderungen zu überwinden waren und wie ihr euer eigenes Carsharing aufbauen könnt, besprechen wir in diesem Podcast.

Das sind die drei Haupterkenntnisse

1. Viele Autos in den Innenbezirken werden nicht wirklich genutzt

Bis 2013 hatte Stefan noch sein eigenes Auto, verwendete es aber kaum. Darum begann er, nach einem geeigneten Carsharing-Dienst zu suchen. Fehlanzeige. Mangels Alternativen ergriff er gemeinsam mit einer kleinen Gruppe von Gleichgesinnten selbst die Initiative und gründete mit Elfride seinen eigenen Carsharing-Verein. Nach etwa sechs Monaten waren genügend Anfragen da, damit das erste Auto voll ausgelastet war. Heute stehen etwa 80 Personen auf der Warteliste für eine Mitgliedschaft.

Stefan hat mit seiner Initiative eine Lösung für ein Problem geschaffen, das viele Menschen im siebten Wiener Gemeindebezirk betrifft. Das eigene Auto steht vor der Tür, wird kaum genutzt, ist manchmal aber eben doch notwendig, besonders bei Transporten. Genau an diese Menschen richtet sich Elfride. Der Verein möchte dann ein Fahrzeug bieten, wenn es wirklich gebraucht wird. Dazu stehen jedem Mitglied im Jahr 3.000 km zur Verfügung.

Gleichzeitig fördert der Verein aber gezielt die Nutzung der Öffis. So entfällt der jährliche Mitgliedsbeitrag, wenn man ein gültiges Klimaticket, die Jahreskarte der Wiener Linien oder die ÖBB Vorteilscard vorweisen kann. „Wir sehen einen doppelten Effekt“, resümiert Stefan. „Wenn ich kein eigenes Auto habe, fahre ich auch weniger. Zum anderen bekomme ich den öffentlichen Raum freisortiert von den ganzen stehenden Autos.“

2. Der Betrieb eines Carsharing-Dienstes funktioniert ohne großen Aufwand

Elfride ist ein nicht-kommerzielles Angebot. Stefan verdient damit kein Geld, sondern macht das in der Freizeit. „Jeder hat so seine Hobbys. Mein Hobby ist halt ein bisschen schräg und heißt Elfride“, merkt er selbstironisch an. Aber wie stellt man so eben mal ein eigenes Carsharing auf die Beine? Stefan erinnert sich an die ersten Schritte: „Wir haben einfach losgelegt, einen Neuwagen gekauft und auf den neu gegründeten Verein angemeldet.“ Dann waren einige technische Herausforderungen zu meistern. Damit ein Carsharing funktionieren kann, muss man das Auto einfach buchen und unabhängig voneinander in Betrieb nehmen können. Heute stehen zwei verfügbare Autos in einer Garage, die Buchung funktioniert über eine Plattform. Für die Schlüsselübergabe gibt es zeitgesteuerte Schlüsselboxsysteme. Alles läuft automatisiert und ohne große Bürokratie. „Der administrative Aufwand beschränkt sich auf die Mitgliederaufnahme“, erzählt Stefan.

Elfride differenziert sich vor allem in zwei Punkten vom konventionellen Carsharing. Zum einen macht das Nutzungsmodell kurze Strecken mit dem Auto in der Stadt grundsätzlich unattraktiv, denn dafür gibt es mit den Öffis ohnehin bessere Alternativen. Zum anderen sind die Mitglieder mitverantwortlich für das Auto. Nach jeder Fahrt wird getankt. Alle haben darauf zu achten, dass der Innenraum sauber bleibt. Im Winter fahren die Mitglieder auch mal in die Waschstraße. Derzeit arbeitet der Verein sogar an einer Lösung, damit über ein Incentive Programm auch Werkstatttermine von den Mitgliedern abgewickelt werden können. Elfride ist keine Dienstleistung, sondern eine Community. Im Grunde haben wir es mit einer Form des gemeinschaftsbasierten Wirtschaftens zu tun. Das macht dieses Projekt so spannend.

3. Die Stadtpolitik sollte Carsharing-Modelle wie Elfride gezielt fördern – auch im eigenen Interesse

2015 hat Elfride den VCÖ Mobilitätspreis Wien gewonnen (hört gerne auch mal in meinen Podcast mit Michael Schwendinger vom VCÖ rein). Im Rahmen der Preisverleihung wurde das Carsharing-Modell für seine Bottom-up-Tauglichkeit gelobt und auch die Medien zeigten großes Interesse. Als Blaupause kann das Modell von anderen Vereinen übernommen werden, was aber noch zu selten geschieht. „Wenn du als neuer Verein einen Neuwagen kaufen willst, dann wird der Autohändler verlangen, dass du als Zweitantragsteller:in persönlich in die Haftung hineingehst“, erklärt Stefan. Für viele dürfte das ein Grund sein, lieber doch die Finger davon zu lassen. Hier sieht er die öffentliche Hand gefordert, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen: „Dieses Problem könnte man über Sicherheiten lösen, die man öffentlich über eine Förderschiene zur Verfügung stellt. Das ist der Punkt, der viele Leute motivieren könnte, etwas zu machen.“

In einer Stadt wie Wien, die für ihre Lebensqualität bekannt ist, ist das eine tolle Möglichkeit, um sich international weiter zu profilieren. Mit dem Verschwinden von ungenutzten Autos wird Parkfläche frei und kann wieder als öffentlicher Raum für die Bewohner:innen dienen. Das ist auch ein Ziel von Elfride: „Unsere liebsten neuen Nutzer:innen sind die, die dann ihr Auto aufgeben.“ Und tatsächlich besitzt kein Vereinsmitglied mehr ein eigenes Fahrzeug.

Vielleicht hat von euch jemand Lust, ein eigenes Carsharing aufzuziehen. Ich kann euch empfehlen, einfach auf Stefan zuzugehen. Er brennt für die Sache und möchte das Modell weiter voranbringen. Dazu unterstützt er euch gerne mit seinen Erfahrungen.


Hört einmal rein in den Podcast und lasst mich wissen, was eure Gedanken sind. Ich freu mich über eure Kommentare!

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