„Schätzen wird überschätzt“ – Conny Dethloff

„Warum investieren wir Zeit in etwas, das wir relativ schlecht können – nämlich die Zukunft vorhersagen?“ 

Conny Dethloff 

Mein Gast und unser Thema  

Schätzen – lasst es bleiben. Wenn ihr wissen wollt, worum es dabei grundsätzlich geht, dann schaut euch am besten dieses Video an oder lest dieses Buch. Conny und ich sprechen nämlich nicht darüber, wie Schätzen funktioniert, sondern warum ihr darauf verzichten könnt.  

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Conny Dethloff ist seit 1999 in Projekten unterwegs. Er hat früher selbst dem Schätzen gefrönt und seine Kolleg:innen mit Excel-Listen genervt. Heute fragt er sich, warum er das mit ihnen gemacht hat. Mittlerweile ist er Senior Management Consultant und mein Kollege bei borisgloger consulting. Ihr kennt ihn vielleicht aus dieser früheren Podcast-Folge: Was dürfen Menschen in Unternehmen, Conny Dethloff? Zum Schätzen, Messen und anderen Themen hat er diverse Blogbeiträge geschrieben, die ihr hier findet

Die drei Hauptpunkte 

1. Rahmen setzen statt schätzen 

Teams müssen wissen, wie viel Geld sie ausgeben dürfen, wie lange ein Projekt dauern soll und mit wem sie arbeiten (wer die Teammitglieder sind). Dann sollen sie arbeiten, nicht ihre Zeit mit unproduktiven Tätigkeiten wie Schätzen verbringen. Und schon gar nicht sollen sich die Teammitglieder rechtfertigen müssen, wenn ihre Schätzungen im Nachhinein nicht stimmen. Die einzigen Schätzungen, die sinnvoll sind, sind die Groben, wie: Planen wir 2000 oder 5000 Personentage ein? Aber nicht: Schaffen wir diese User Story in drei oder fünf Tagen?  

2. Teams sollen Kundenprobleme lösen 

Ein Team aus Expert:innen kann etwas so Unglaubliches schaffen, wie eine Sonde auf einer präzisen Stelle auf dem Mars landen zu lassen. Wenn ihr wollt, dass euer Team Unglaubliches schafft, dann bitte haltet es nicht mit Schätzen vom Arbeiten ab. Aber was, wenn das Team von sich aus unbedingt schätzen will, anstatt seine ganze Energie ins Liefern zu stecken? Dann erinnert die Teammitglieder am besten daran, dass es nicht das Ziel ist, besonders gut im Schätzen zu werden oder besonders gute Vorhersagen abzugeben. Am Ende geht es darum, dass die Sonde sicher landet. 

3. Ihr arbeitet an zu vielen Projekten gleichzeitig? 

Eigentlich muss es heißen: Euer Unternehmen hat mehr Projekte gleichzeitig in Angriff genommen, als von den vorhandenen Personen vernünftig bearbeitet werden können? Die Folgen sind ineffektives Multitasking, nichts wird rechtzeitig fertig und das Budget wird sowieso nicht eingehalten? Dann helfen euch alle Vorhersagen und Schätzungen nicht, weil die Menschen einfach nicht mehr leisten können, als sie können.   

Wenn ihr konsequent seid, müsst ihr die Projekte reduzieren, aber nicht, indem ihr fragt: „Welche von unseren aktuellen Projekten brauchen wir nicht?“ Conny fragt stattdessen: „Was sind unsere größten Probleme? Welche Projekte, die wir vielleicht schon haben, helfen uns, diese Probleme zu lösen?“ Wählt die richtigen Projekte aus. Bestückt diese Projekte mit Menschen. Dann werdet ihr möglicherweise schon feststellen, dass ihr für die anderen Projekte niemanden mehr habt, der sie bearbeiten kann. Die müssen eben warten. Und dann müsst ihr die Teams arbeiten lassen. Wenn ihr Führungskraft oder Product Owner seid, dann lauft den Teams nicht hinterher, sagt ihnen nicht, was sie tun sollen und teilt die Leute nicht – zusätzlich – anderen Projekten zu. Denn dafür habt ihr die Teams auf die Projekte angesetzt: Damit sie liefern. 


Hört ‘mal rein, wenn ihr wissen wollt, warum ihr mit selbstorganisierten Teams mehr Planungssicherheit habt, warum das Liefern vor dem Vertrauen kommt und was passiert, wenn ihr dem Team einmal das Backlog wegnehmt.